Things we found so lovely turn so ugly
In der 11. Klasse bin ich ihm zum ersten Mal begegnet, dem Herrn Faust. Ich mochte ihn von Anfang an. Ich mochte es daran zu arbeiten, ich mochte es den Text laut vorzulesen und ich mochte es darüber Arbeiten zu schreiben. Ich war sehr gut darin, Arbeiten über Herrn Faust zu schreiben und ich freute mich, als wir in der 13. auch den zweiten Teil durchnahmen. Es machte mir Spaß zu interpretieren, Fragen aufzuwerfen und zu diskutieren. Ich würde fast so weit gehen, zu sagen, dass die Arbeit an diesem Stück ausschlaggebend dafür war, dass ich mich für meinen Studiengang entschieden habe.
Und nun?
Da wird der Geist euch wohl dressiert,
In spanische Stiefel eingeschnürt,
[...]
Dann lehret man Euch manchen Tag,
Daß, was Ihr sonst auf einen Schlag
Getrieben, wie Essen und Trinken frei,
Eins! Zwei! Drei! dazu nötig sei.
[...]
Wer will was Lebendiges erkennen und beschreiben,
Sucht erst den Geist herauszutreiben,
Dann hat er die Teile in seiner Hand,
Fehlt, leider! nur das geistige Band.
(Faust I, Vers 1912 - 1939, Mephisto)
Genau das ist passiert. Alles, was Spaß gemacht hat, was wunderbar ist an der Literatur, wurde uns ausgetrieben. Wir sitzen über unzähligen Werken an Sekundärliteratur, um das Werk "zu verstehen", das uns schon längst klar ist. Wir werden nicht mehr aufgefordert, wirklich unsere Meinung, unsere Gedanken auf Papier zu bannen, sondern nur besonders kreativ dabei zu sein, anderer Leute Gedanken neu zu formulieren. Kaum etwas dürfen wir einfach "wissen", wir müssen es belegen und beweisen. Und wir fangen an, das was wichtig ist darüber zu vergessen. Wir schreiben nicht mehr die Arbeiten, die wir schreiben wollen, sagen nicht dass, was in uns ist, sondern das, was uns als Sekundärliteratur zur Verfügung steht.
Und so langsam verstehe ich Herrn Faust immer besser:
Und sehe, dass wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
(Faust I, Vers 365/66, Faust)
yours truly
covergirl
Und nun?
Da wird der Geist euch wohl dressiert,
In spanische Stiefel eingeschnürt,
[...]
Dann lehret man Euch manchen Tag,
Daß, was Ihr sonst auf einen Schlag
Getrieben, wie Essen und Trinken frei,
Eins! Zwei! Drei! dazu nötig sei.
[...]
Wer will was Lebendiges erkennen und beschreiben,
Sucht erst den Geist herauszutreiben,
Dann hat er die Teile in seiner Hand,
Fehlt, leider! nur das geistige Band.
(Faust I, Vers 1912 - 1939, Mephisto)
Genau das ist passiert. Alles, was Spaß gemacht hat, was wunderbar ist an der Literatur, wurde uns ausgetrieben. Wir sitzen über unzähligen Werken an Sekundärliteratur, um das Werk "zu verstehen", das uns schon längst klar ist. Wir werden nicht mehr aufgefordert, wirklich unsere Meinung, unsere Gedanken auf Papier zu bannen, sondern nur besonders kreativ dabei zu sein, anderer Leute Gedanken neu zu formulieren. Kaum etwas dürfen wir einfach "wissen", wir müssen es belegen und beweisen. Und wir fangen an, das was wichtig ist darüber zu vergessen. Wir schreiben nicht mehr die Arbeiten, die wir schreiben wollen, sagen nicht dass, was in uns ist, sondern das, was uns als Sekundärliteratur zur Verfügung steht.
Und so langsam verstehe ich Herrn Faust immer besser:
Und sehe, dass wir nichts wissen können!
Das will mir schier das Herz verbrennen.
(Faust I, Vers 365/66, Faust)
yours truly
covergirl
_covergirl_ - 3. Mär, 13:17
desperatehouseman - 9. Mär, 01:18
Das Fach "Deutsch" ist lausig. Spätestens in der Oberstufe beschäftigt man sich nicht mehr mit der eigenen Phantasie sondern verbringt Stunden damit, sich über die Gedanken anderer die Köpfe zu zermattern. Ich lese Bücher, weil ich Spaß daran habe - und nicht weil ich sie analysieren mag.
antworten
_covergirl_ - 10. Mär, 12:21
Na ja, in der Schule habe ich das nicht so erlebt. Bei uns ging es in der Oberstufe darum, was wir denken und interpretieren. Das was du beschreibst hab ich erst in der Uni kennengelernt.